Die Mogelpackung der GroKo

Ein Kommentar von Bernhard Schüßler, Stadtratskandidat 2020

Die Regierung hat bewusst die Erwartungen auf den 20.9 hochkochen lassen, jetzt bleibt zu hoffen, dass sie endlich verstanden haben welche Stunde geschlagen hat. Wenn das Klimakabinett die letzten kursierenden Vorschläge der Union verabschiedet und als großen Wurf zu verkaufen versucht, werden die Klimaproteste nicht wie vom Bayerischen Kultusminister erhofft abebben, sondern stärker denn je. Denn die Klimakrise ist zu ernst, um sie zur Machtsicherung zu missbrauchen.

Diese Sätze habe ich am Donnerstagabend geschrieben. Es sollte der kritische Teil einer euphorischen Zusammenfassung des Klimastreikes von Friday for Future und vor allem der Ergebnisse des Klimakabinetts sein. Leider blieb mir diese Freude nicht vergönnt. Stattdessen stand ich in München am Königsplatz, gemeinsam mit weiteren 60.000 Menschen und war fassungslos über das, was uns gerade als Klimapaket bekanntgegeben wurde. 10€? Ernsthaft? Und das erst ab 2021? Und das auch noch mit einer minimalen Erhöhung, die uns mindestens 10 Jahre zurückwirft.

Die Vergünstigung für Bahnfahrten wird mit einer kaum erhöhten Flugabgabe gegenfinanziert; die symbolische Spriterhöhung als Folge des CO2-Preises, wird großzügig mit einer deutlich höheren Pendlerpauschale „wieder gut gemacht“. Eine Abwrackprämie soll Ölheizungen ersetzen, weil wir ja in der Finanzkrise so gute Erfahrungen mit der Abwrackprämie für PKW gemacht haben. Die Klimaschädlichen Subventionen werden nicht angetastet und man bleibt ratlos zurück und fragt sich:

Wie können wir unsere Pariser Klimaverpflichtungen so einhalten, wenn wir heute schon alle verfehlen? Wie können wir wenigstens die Hoffnung aufrechterhalten, dass eine Welt mit 1,5 Grad Celcius Erwärmung noch möglich ist?

Die folgenden Redner*innen auf der Demo gaben sich größte Mühe, um ihre Tränen zurückzuhalten, aber es gelang nur selten. Manche Dinge lassen sich nicht erklären, so auch wieso die Regierung gefühlt ein verdammt teuren Haufen Nichts beschlossen hat, obwohl alle Expert*innen, auch die, die die Regierung zuvor beraten hatten, unisono aufschreien und sagen, dass das nicht reicht. Das Einzige, was reflexhaft bei Kritik aus den Reihen der GroKo kommt ist das Ausspielen von Klima und Sozialem oder Klima und Wirtschaft, obwohl wir längst alle wissen, dass sie sich gegenseitig bedingen und v.a. ohne Klima, weder Wirtschaft noch Gesellschaft sich gut entwickeln können.

Dass Demokratien Regierungswechsel brauchen, zeigt diese GroKo immer wieder. Sie betrachten die Probleme viel zu oft als business as usual und schüttet alles mit Geld zu, anstatt den Mut aufzubringen, wegweisende Entscheidungen zu treffen. Je länger man an der Macht ist, desto stärker klebt man am Chefsessel. Das Söder’sche Prinzip umarmen und vergessen zieht nicht. Derselbe versucht dadurch nur sich als größten Klimaschützer darzustellen und gleichzeitig grüne als Spalter. Jüngst schockierte er jede*n, mit einem kleinen bisschen politischen Erinnerungsvermögen mit der Aussage, die Union sei die Erfinderin des Klimaschutzes. Naja, sein wir ehrlich; wenn man das Klima nicht zerstört, braucht man auch keinen Klimaschutz.

Was die Regierung aber immer noch nicht verstanden zu haben scheint ist, dass alles was vordergründig als Maßnahme für das Klima deklariert wird, nichts anderem als unserem Überleben als Menschheit dienen soll. Wie oft haben wir schon gehört, dass die Natur sich erholen kann, nur wir können es nicht. Wir machen uns vorsätzlich das Leben zur Hölle und anstatt etwas daran zu ändern, leugnen wir entweder oder behaupten, dass der Markt es richten wird.

Zunehmend scheint v.a. die Union in dogmatische Haltungen zu verfallen, die einerseits offenbaren, dass ihr die schwarze Null lieber ist als eine lebenswerte Zukunft und zum anderen dass es um keinen Preis der Welt neue Steuern geben darf. Nicht einmal die klimaschädlichen Subventionen, immerhin über 50 Mrd. € pro Jahr, wollen sie abschaffen, stattdessen hört man immer hysterischere Rufe, dass Verbote keine Lösung sein.

Würden Politiker*innen der CDU/CSU auf die wöchentlichen Fridays For Future Demonstrationen so umfassend reagieren, wie sie es bei den von ihnen befürchteten Gelb-Westen täten, wir wären wieder Spitze im internationalen Klimaschutz. Wir hätten

  • eine CO2-Steuer mit Sozialausgleich,
  • einen Ausbau des Schienen- und Radwegenetzes,
  • Turboausbau erneuerbarer Energien,
  • eine Wärmewende im Bausektor und
  • eine Umstellung auf gesunde, natur- und menschenfreundliche, regionale Landwirtschaft.

Je mehr Zeit vergeht, in der außer schönen Worten von einigen und absurden Anschuldigungen von anderen, gepaart mit Vorschlägen, die eindeutig Klientelpolitik in Klimagewandt gepackt sind, desto deutlicher wird, dass wir nicht nur eine Wende in der Wirtschaft, Energie, Landwirtschaft, im Verkehr und im Bau-Sektor brauchen, sondern auch eine politische Wende.

Die Aktivist*innen von Fridays for Future haben sogleich nach dem ersten Schock über die entsetzliche Mogelpackung dieses Klimapaketes angekündigt, nächste Woche erneut einen riesigen Streik auf die Beine stellen zu wollen, denn anscheinend haben 1,4 Mio. Menschen bundesweit nicht gereicht, um die Augen des Kabinetts zu öffnen. Die Menschen fordern, dass die Regierung ihre Aufgabe erfüllt und wichtige Entscheidungen trifft. Das ist richtig so! Uns bleibt nichts anderes übrig, als so lange zu demonstrieren bis entweder die Regierung wirksam umsteuert oder eben eine andere Regierung gewählt wird, die die Zeichen der Zeit besser verstanden hat als die Minister dieses Klimakabaretts.

 

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