Landwirtschaft verändern heißt Europa begrünen

Ein Kommentar von Bernhard Schüßler, Vorstandsmitglied des Grünen Ortsverbands

Die Reform der Europäischen Agrarpolitik steht an und wird maßgeblich darüber entscheiden, ob die EU endlich gegen Klimakrise und Artensterben handelt oder aus Bequemlichkeit alles beim Alten belässt. In diesem Wahlkampf müssen Mehrheiten für den Agrar- und Klimaschutz gewonnen werden, denn die letzte Abstimmung im EP-Agrarausschuss hat gezeigt, dass sich Konservative, Sozialdemokraten und Liberale zu einer großen Weiter-so-Koalition verbündet haben. Dabei wäre vieles schon heute möglich, wie der große Erfolg des Volksbegehrens „Artenschutz“ in Bayern gezeigt hat.

Mit 63 MRD ist der Topf für die gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der größte im EU-Haushalt und nimmt etwa 1/3 der Gelder in Anspruch. In seiner aktuellen Form, werden 75% der Gelder als Flächenpauschale verteilt, was Großbetrieben und Massentierhaltung einen unfairen Wettbewerbsvorteil verschafft. Die enormen Mengen an überschüssigen Lebensmitteln werden anschließend in Entwicklungsländer exportiert, zerstören die dortige Landwirtschaft und generieren Fluchtursachen. Eine aus jeder erdenklichen Sicht falsche Politik, wie ich finde.

Stattdessen braucht es Regelungen und finanzielle Anreize für eine naturverträglichere Lebensmittelproduktion und kleinteiligere Betriebe. Flächenprämien sollen für die ersten Hektar gelten, um auch kleineren Landwirt*innen eine Chance zu geben. Des Weiteren kann man durch Umweltprämien z.B. für weniger Pestizideinsatz, Fruchtfolge statt Monokultur oder für das Anlegen von Ackerrandstreifen und Blühwiesen schon viel Artenvielfalt ermöglichen. Ferner lässt sich die Landwirtschaft deutlich Klimafreundlicher gestalten, wenn man sich die Digitalisierung zu Nutze macht und Beispielsweise weniger Düngemittel ausbringt, der durch den darin enthaltenen Stickstoff, in Verbindung mit Luft zu Lachgas wird, das 300 Mal klimaschädlicher ist als Co2.

Die Agrarwende macht auch bei der Tierhaltung nicht Halt, denn mit Futtermitteln aus dem gerodeten Regenwald, industrieller Haltung und elenden Bedingungen bei Tiertransporten, läuft v.a. hier vieles falsch. Mit der Kreislauftierhaltung sollen nur so viele Tiere gehalten werden dürfen, wie sie durch die Flächen des Betriebes ernährt werden können. So wird eine natürliche Obergrenze für Massentierhaltung und eine effektive Verringerung von Futterimporten aus anderen Kontinenten erreicht. Kastrationen ohne Betäubung, Tiertransporte mit großen Entfernungen und unsachgemäße Schlachtungen wollen wir unterbinden. Landwirte, die sich zu mehr Auslaufflächen oder mehr Platz für die Tiere im Stall verpflichten, sollen ebenfalls Prämien erhalten und ihre Produkte mit einem gestaffelten Haltungssiegel versehen können. So werden einheitliche Tierwohlstandards in der gesamten EU geschaffen.

Eine naturfreundliche Agrarpolitik geht uns alle etwas an. Mit der GAP-Reform haben wir ein wirksames Mittel, um in der EU eine Trendwende für Artenvielfalt und gesunde Ernährung einzuleiten. Der erschreckende Artenschwund, 75% der Fluginsekten, die Hälfte der Vögel und fast 90% der Schmetterlinge sind die letzte Warnung einer um Hilfe schreienden Umwelt. Tun wir nicht länger so, als ob wir sie nicht gehört haben und handeln wir jetzt!

 

 

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