12 Jahre Widerstand – 2 Bahnen reichen!

Ein Kommentar von Markus Wutzke, Vorstandsmitglied des Grünen Ortsverbands

 

Im Mai feiert die Flughafen Gesellschaft München das 25-jährige Bestehen des Münchner Flughafens und das Aktionsbündnis AufgeMUCkt 12 Jahre erfolgreichen Widerstand gegen die dritte Startbahn. Zwei Erfolgsgeschichten, die nicht unterschiedlicher sein könnten. Beide Seiten laden uns ein mitzufeiern. Nimmst Du auch teil und wenn ja wo?

Ökonomisch profitiert die Region enorm von der wirtschaftlichen Strahlkraft des Flughafen Münchens. In 2016 wurden mit 394.000 Flugbewegungen (d.h. Starts- und Landungen) 42 Mio. Passagiere befördert. In 584 Betrieben sind 35.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Im Flughafenumland wird eine jährliche Wertschöpfung von rund 4 Milliarden Euro generiert. Im Dezember 2016 lag die Arbeitslosenquote in der Region um den Flughafen München zwischen 2-3%. Unserer Region geht es so gut, dass wir nicht nur bei der Zahl der Beschäftigten spitze sind, sondern auch Spitzenreiter bei den Mietpreisen. Im F+B Wohnindex II-2016 waren die Preise für Eigentumswohnungen in Unterschleißheim bereits auf Platz 2 hinter München und noch vor Frankfurt am Main. Die Mietpreise in München haben sich in den letzten 20 Jahren verdoppelt. Abgehoben, oder?

Nach München wollen so viele Leute fliegen, dass ein japanischer Investor in 2011 ein Hotel mit Tagungsbereich, speziell für asiatische Zielgruppen, am Lohhofer Bahnhof auf dem ehemaligen Moll Gelände bauen wollte. Auch dieses Bauprojekt wollte hoch hinaus. 868 Zimmer sollten in zwei Türmen entstehen mit einer Höhe von 56 und 96 Metern. Der Tower am Flughafen ist nur 78m hoch. Unterschleißheim hätte eines der größten Hotels in Deutschland beheimatet. Aufgrund massiver Proteste während der Bürgerversammlung gab der Investor sein Vorhaben auf.

Brauchen wir überhaupt eine dritte Startbahn?

Am 26.7.2005 informierte die Flughafen München GmbH (FMG) über absehbare Kapazitätseng­pässe aufgrund der steigenden Luftverkehrsnachfrage. Für 2020 wurde ein Bedarf von ca. 536.000 Flugbewegungen prognostiziert. Im Sommer 2006 wurde deshalb bei der oberbayerischen Regierung die Einleitung des Raumordnungsverfahrens für den Bau der dritten Startbahn beantragt. Nordöstlich der bestehenden Start- und Landebahnen, soll diese mit einer Länge von 4.000 und einer Breite von 60 Metern gebaut werden. Die 870ha Fläche entspricht in etwa der Größe des Tegernsees. Damit soll die Kapizität von bisher 90 Flugbewegungen pro Stunde auf 120 gesteigert werden, um auch zukünftig Verkehrsspitzen effizient und sicher abwickeln zu können. Der Antrag wurde am 21.2.2007 genehmigt.

Kurz zuvor hatte die FMG die Verkehrszahlen für das Jahr 2006 veröffentlicht. Am Münchner Flughafen wurden zum ersten Mal mehr als 30 Millionen Passagiere und 411.000 Flugbewegungen bewältigt. Es waren also damals mehr Flugbewegungen als zuletzt in 2016 festgestellt wurden. Die Anzahl der Flugbewegungen ist im Zeitraum von 2006 bis 2016 nicht wie prognostiziert gestiegen, sondern sogar gesunken.

Vom 11. November 2008 bis zum 31. März 2009 wurden im Ballhausforum die Anliegen betroffener Bürger im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens behandelt. Fast 700 Redner wurden in 59 Tagen gehört.

In der Jahresbilanz 2011 verkündete die FMG einen neuen Passagierrekord von fast 38 Millionen Passagieren. Die Zahl der Flugbewegungen bewegte sich 10 Jahre später mit 410.000 immer noch auf dem Niveau von 2006. Das lag daran, dass durch immer größer werdene Flugzeuge, mehr Passagiere befördert werden konnten, bei gleichzeitiger Kostenoptimierung für die Fluggesellschaften. Ein Trend, der auch in Zukunft weiter zunehmen wird. Insbesondere im internationalen Flugverkehr.

Warum wird immer noch über eine dritte Startbahn diskutiert?

Trotz falscher Prognosen hält der Flughafen an der Notwendigkeit einer dritten Startbahn fest und scheut sich dabei noch nicht mal an einem Vergleich mit der Diskussion zur zweiten S-Bahn Stammstrecke: „Zwei Gleise auf der Stammstrecke reichen nicht – baut endlich die Münchner S-Bahn aus! Ungefähr so klingt die Antwort vieler Bewohner der Landeshauptstadt und ihres Umlandes, wenn nach dem dringendsten Handlungsbedarf im Nahverkehr gefragt wird. […] Zwei Start- und Landebahnen müssen jeden Tag nicht zwei massive Verkehrswellen verkraften, wie die Münchner S-Bahn, sondern drei Mal so viele, nämlich sechs!“

Juristisch ist der Bau in letzter Instanz vom Verwaltungsgericht in Leipzig am 15.7.2015 endgültig genehmigt worden. Gesellschafter der FMG sind der Freistaat Bayern mit 51 Prozent, die Bundesrepublik Deutschland mit 26 Prozent und die Landeshauptstadt München mit 23 Prozent. Die Stadt München ist zwar der kleinste Anteilseigener, besitzt aber eine Sperrminorität. München hält sich noch an den Baustopp, der am 17. Juni 2012 aufgrund des Münchner Bürgerentscheids gegen die dritte Startbahn ausgesprochen wurde. Selbst Ministerpräsident Seehofer versicherte am 29. Oktober 2015 bei einem Besuch in Attaching, dass die Bürgerinitiativen „starke Argumente“ hätten und versprach objektiv und ergebnisoffen zu entscheiden.
Host Seehofer, 29. Oktober 2015:
„Wenn ich die Zahl der Flugbewegungen für den Augenblick nehme, so gibt es aktuell die Notwendigkeit für eine dritte Startbahn nicht.“

Weit über eine Viertelmilliarde Euro hat die FMG bis heute ausgegeben, um zusätzlichen Flugverkehr einzukaufen. 21 Millionen in 2016 für 13.000 Flüge. Die Zahl der Flugbewegungen ist gegenüber dem Vorjahr um 3,8% auf 394.000 Flugbewegungen gestiegen. Für Ministerpräsident Seehofer plötzlich das Startsignal für den Bau der dritten Startbahn. In einer Regierungserklärung am 28. September 2016 spricht er sich für eine erneute Debatte aus.

Im März hatte uns Dr. Christian Magerl (Landtagsabgeordneter der Grünen und Vorsitzender des Umweltausschusses) seine Argumente gegen die dritte Startbahn erläutert. Wer nicht dabei sein konnte, hat am 22. Mai um 19 Uhr beim Uferlos Festival in Freising nochmal die Gelegenheit. Er kennt die Hintergründe und Zusammenhänge wie sonst kaum jemand.

Wir Grünen sind gegen die dritte Startbahn!

Natürlich ist der Flughafen ein bedeutender Jobmotor in der Region und wichtig für München als Standort für international tätige Unternehmen. Dieses Argument ist schwer zu entkräften. Wir stehen aber zu unseren Argumenten.

Kann die Region München/Freising tatsächlich nur erfolgreich sein, wenn wir immer weiter wachsen? Müssen wir aufgrund von Spitzenauslastungen, die aktuell 6-mal am Tag auftreten mögen, jetzt reagieren? Wachstum, um jeden Preis? Stimmen die Prognosen diesmal? Viel wichtiger finde ich aber diese Frage:

Können wir eine dritte Startbahn überhaupt ökologisch vertreten?

Wir haben uns gegen Atomkraft ausgesprochen und uns eine Energiewende verordnet. Brauchen wir nicht auch eine Wende in der Verkehrspolitik.

Sind wir wirklich bereit, nur aus wirtschaftlichen Interessen,

  • 870 Hektar Boden zu opfern,
  • gewachsene Ortsstrukturen zu zerstören,
  • Menschen zu vertreiben, die unter dem steigenden Fluglärm leiden müssen,
  • mit zusätzlicher Feinstaub- und Schadstoffbelastung zu leben,
  • weiterhin unseren CO2 Ausstoss zu erhöhen, der unserem Klima schadet?

Ich bin dazu nicht bereit und gehe deshalb nur auf die Veranstaltungen vom Aktionsbündnis AufgeMUCkt. Ich glaube es gibt noch genügend andere Möglichkeiten den Wirtschaftsstandort München zu erhalten. In Unterschleißheim wird BMW sein Forschungs- und Entwicklungszentrum für autonomes Fahren aufbauen. Vielleicht wollen wir schon bald nicht mehr fliegen. Vielleicht erleben wir bald eine Zukunft, in der wir für eine Geschäftsreise nach Berlin nicht mehr um 5 Uhr aufstehen, um zum Flughafen zu fahren, sondern uns gemütlich in unser Elektro-Auto setzen, dass uns in 4-5 Stunden nach Berlin fährt, während wir ein Nickerchen machen, noch etwas lesen und das Meeting vorbereiten. Das ist jetzt mal meine Prognose.

Update:
Am 17. Mai wird in der BR Sendung „jetzt red i“ ab 20:15 Uhr live aus Attaching diskutiert. Vorab gibt es eine Umfrage. Nehmt an dieser bitte teil. Das Ergebnis wird in der Sendung gezeigt und hat sicherlich eine Wirkung auf die Zuschauer.

 

 

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