5 Jahre Pariser Klimaabkommen

UN-Klimakonferenz 2015

UN-Klimakonferenz 2015 – © iStock by GettyImages

Verschenkte Zeit, die uns jetzt fehlt

Von Bernhard Schüßler, Sprecher B´90/die Grünen, Unterschleißheim

Gegen Ende jedes Jahres taucht kurz ein fast schon ritualisiertes Phänomen in den Medien auf. Nach jeder Klimakonferenz, wird kurz darüber berichtet, dass man wieder einmal über das Klima gesprochen hat und sich wie immer nicht einigen konnte. Aber wir sollen beruhigt sein, denn Deutschland steht zwar nicht gut dar, aber im Vergleich zu Klimasündern wie Trump und Bolsonaro sind wir ganz lieb. Das sind die 2 Wochen eines normalen Jahres, in denen wir uns daran erinnern, dass wir dringend etwas ändern müssten. Und wie jedes Jahr, vergessen wir es dann wieder. Dieses Jahr ist kein gewöhnliches. Und so haben wir in diesen Tagen nicht einmal diese kurze Erinnerungsstütze, diesen Weckruf, denn die Klimakonferenz in Glasgow wurde Corona-bedingt auf 2021 verschoben.

Klimaindex, oberes Ranking

Klimaindex, oberes Ranking – Quelle: Der Spiegel, siehe Quellenangaben

Am 12.12. jährt sich der Beschluss des Pariser Klimaabkommens zum 5. Mal. Damals wurde er als Meilenstein gefeiert, in stark betroffenen Ländern z.B. des Pazifiks fast euphorisch bejubelt. Zum ersten Mal war es gelungen, dass sich alle Länder auf klare Ziele zur Emissionsreduktion einigten und nachprüfbare Zwischenergebnisse liefern. Die mittlere globale Temperaturerwärmung soll deutlich unter 2°c, möglichst bis zu 1,5°c gehalten werden. Dazu haben sich die Länder verpflichtet. Es bestand damals die begründete Hoffnung auf einen Paradigmenwechsel nach den Enttäuschungen aus dem Kyoto-Protokoll (1997) und Kopenhagen, sollten die Regierungen der Welt endlich verstanden haben, dass keine Zeit für Machtspielchen und Trittbrettfahrerverhalten übrig war.

Aber es kam anders.

Trotz des unglaublichen Drucks, den Fridays for Future 2019 aufgebaut hat, sind die Beschlüsse bzw. die Nichtbeschlüsse der cop25 in Madrid ein Schlag ins Gesicht gewesen. Es fehlt an Veränderungsbereitschaft; es fehlt an gefühltem Handlungsdruck bei den Entscheidungsträger*innen, denn dass sie bereit sind schnell und umfassend zu handeln, haben sie während Corona deutlich gezeigt. Wie bei Corona heißt es bei der Klimakrise: je länger wir warten, desto schärfer die notwendigen Maßnahmen. Der Unterschied ist, dass wir von der Klimakrise schon seit mindestens 50 Jahren wissen und dazu forschen. Es ist klar was hilft und was nicht, wir kennen und verfügen über den Impfstoff gegen die Klimakrise. Es heißt Klimaneutralität.

Die ahnungslose Bundesregierung

„Freiwillige Selbstverpflichtung“, wenn ich Teil der Gesellschaft der Deutschen Sprache wäre, wäre das mein Vorschlag zum Unwort des Jahres. Jedes Jahres, seit sich große Koalition an GroKo reiht. Deutschland hat es längst vom Musterknaben zum Bremsklotz des Klimaschutzes geschafft. Wenn die EU strengere Grenzwerte für Stickoxid-Ausstoß festlegen will, blockiert Deutschland. Wenn eine Umstellung der GAP-Landwirtschaftssubventionierung nach ökologischen Aspekten greifbar scheint, steht Deutschland im Weg…

Und im Inland werden Mindestabstände für Windräder eingeführt, laufen Förderungen für dezentrale Solardächer aus, wird ein Kohleverlängerungsgesetz verabschiedet, das nicht nur nutzlos sondern dazu noch schweineteuer ist, über 40 MRD nämlich. Ein Verkehrsminister anstatt sich um die Schiene zu kümmern, lässt ein 40 Jahre altes Autobahnprojekt bauen, welches einen der gesündesten Wälder des Landes vernichtet und für den größten Tagebau Europas, werden die letzten 5 Dörfer in der Umgebung platt gemacht.

Hier noch von Fahrlässigkeit zu sprechen, ist sehr wohlwollend ausgedrückt. Dieses vollkommene Versagen bestätigt der jüngst veröffentlichte Klimaindex von German-Watch. Deutschland, das zu Zeiten grüner Regierungsbeteiligungen noch unter den besten 6 Ländern lag, rangiert heute abgeschlagen auf Rang 19. Beschämend

Klimaindex, unteres Ranking

Klimaindex, unteres Ranking – Quelle: Der Spiegel, siehe Quellenangaben

UN-Klimabericht

Zu allem Überfluss erreicht uns noch der Klimabericht der UN wie die Bestätigung unserer schlimmsten Vorahnungen. Nicht nur Deutschland macht zu wenig, fast alle liegen hinter den Reduktionszielen zurück, kaum ein Land hat den sozialökologischen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft schon ausreichend vorangetrieben. Dem UN-Bericht zur Folge steuern wir gerade auf eine mindestens 3°c heißere Welt zu. Deshalb sollten wir uns die Maßnahmen, die im Bericht vorgeschlagen werden, wirklich zu herzen nehmen. Denn mit einem grünen Wiederaufbau der Wirtschaft nach Corona, kann das CO2-Budget noch eingehalten werden. Dafür müssen klimaschädliche Subventionen sofort beendet, Investitionen in erneuerbare getätigt, Aufforstungsprojekte und Forschung unterstützt sowie klare, stufenweise Schritte zur Dekarbonisierung der Wirtschaft beschlossen werden.

Für mich ist dieser Befund eine Mahnung und eine klare Anleitung für eine lebenswerte Zukunft, die klimaneutral und sozial ist. Denn worauf die UN noch hinweist, ist der starke Zusammenhang zwischen der Klimafrage und sozialer Ungleichheit. Das reichste Prozent der Weltbevölkerung stößt 2 Mal die Menge an klimaschädlichen Gasen aus wie die ärmste Hälfte der Weltbevölkerung. Wer die sozialen Verwerfungen lösen will, muss Klimagerechtigkeit fordern und umgekehrt. Vielleicht ist das ein kleiner Wink an diejenigen Parteien, die das Wort „sozial“ im Namen tragen und das gerne gegen Klimaschutz auszuspielen versuchen.

Diese pessimistische Bilanz nach 5 Jahren Paris, ist hoffentlich kein Dauerzustand. Die Chance, daran substantiell etwas zu ändern, bietet sich schon im nächsten Jahr zur Bundestagswahl. Und wer weiß, vielleicht sitzen dann Politiker*innen in der Regierung, die mehr von Klimagerechtigkeit verstehen.

Was kann man lokal machen?

Auch vor Ort muss die Klimawende vorangetrieben werden. In Unterschleißheim haben wir Grüne viele Anträge eingebracht, um diesen Schritt zur Klimaneutralität zu schaffen. Die Förderung von Solarmodulen auf Balkonen, das Verbot von Steingärten oder weiterer Flächenversiegelung außerhalb des Stadtgebietes, unser großes Projekt des Moos-Haide-Parks, die Forderung zu nachhaltigem Bauen mit Holz und Fassadenbegrünung, ein Ausbau der Fahrradinfrastruktur für Pendler*innen oder die städtische Klimaoffensive sind nur einige Beispiele für die Veränderung im Kleinen, die die Wende im Großen antreiben kann.

Quellen

 

 

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