Zu den abscheulichen Übergriffen von AfD-Anhänger*innen auf Parlamentarier im Bundestagsgebäude
Von Bernhard Schüßler, Sprecher Grüne OV USH
Mir fehlen die Worte …
Als ich davon hörte, lief ein kalter Schauer durch meinen Körper. Wie konnte es sein, dass Parlamentarier im Deutschen Bundestag von Besucher*innen bedroht und beschimpft werden? Und dann noch dieses Video, in dem Bundeswirtschaftsminister Altmaier von einer Frau angegangen und wüst beschimpft wird. Es ist kaum zu ertragen. Es ist unfassbar. Ich wünschte, ich könnte mein Entsetzen in Worte fassen, aber wie gesagt, mir fehlen die Worte.
Im Plenarsaal wurde die Verabschiedung des 3. Infektionsschutzgesetzes debattiert. Ein komplexer Sachverhalt. Ein Thema, wo man kaum nur einer Meinung sein kann und soll. Eine Entscheidung, die einschneidend ist, die uns Bürger*innen bewegt. Eine Entscheidung, für die Parlamente gemacht wurden.
Und genau diese edelste parlamentarische Aufgabe, nämlich das Zentrum einer bundesweiten Debatte abzubilden, ist eine Gefahr für autoritäre Geister, wie sie leider seit 3 Jahren durch die Gänge des Reichstages laufen. Ihnen kam es gelegen, dass deren Handlanger während der Debatte in den Gängen, Jagd auf vorbeigehende Abgeordnete anderer Parteien machten.
Solche Aktionen verfolgen nur einen Zweck: Andersdenkende einzuschüchtern, ihre Meinung zu verbieten, sie unter Druck zu setzen. Wer nicht im Parlament seine Ziele erreicht, versucht es auf der Straße z.B. durch Demonstrationen. Die AfD scheint es auch durch Hinterhalte zu versuchen.
Die langjährige Strategie der NPD, zunächst die Straßen, dann Parlamente und Köpfe zu erobern, scheint doch ganz anders gemeint gewesen zu sein, als wir naiven Demokrat*innen dachten. Sie wollen Angst machen und ihre Ansicht mit Gewalt durchsetzen, sei es auf der Straße mit Hetzjagden wie in Chemnitz, jetzt im Parlament mit diesen Übergriffen oder den Köpfen bspw. von Lokalpolitikern, die schon so oft nach Drohungen aus der rechtsextremistischen Szene gegen sich oder die eigene Familie, zurückgetreten sind.
Und hier kommt noch der Gipfel der geschmacklosen Inszenierung: Während die Schläger der AfD andere Abgeordnete bedrängten, behaupteten die AfD-Redner im Plenum, das Infektionsschutzgesetz sei „ein Ermächtigungsgesetz“. Angesichts der konzertierten Aktion, die sich hinter den Türen des Parlaments zugetragen hat, könnte man meinen, das wäre Gaulands Wunschdenken gewesen, welches ihn zu dieser Aussage bewogen hat.
Es ist unendlich traurig zu erleben, wie die AfD seit ihrem Einzug in dieses Gebäude, alles wofür es steht zu untergraben versucht. Die Schritte werden immer brachialer, immer radikaler in Rhetorik und Ausführung. Niemand kann den Schuss überhört haben; niemand kann behaupten, nicht zu wissen, was ihr Ziel ist und niemand, der sich als Demokrat bezeichnet, kann dieses Ziel gutheißen. Interessant wäre hier zu erfahren, wie die örtlichen AfD-Kommunalpolitiker*innen zu den Attacken im Bundestag stehen.
Die Bundesrepublik ist eine gefestigte Demokratie. Ich will, dass sie es bleibt. Das kurzfristig wirksamste Mittel dafür, wäre das Kapitel (AfD im Bundestag), im nächsten Jahr zu beenden.
Verwandte Artikel
• Kommentar
Nie wieder!
Wir leben in einem Rechtsstaat mit Gewaltenteilung und haben Meinungs- und Pressefreiheit. In einem Land, in dem der Rechtsstaat und die Meinungsfreiheit abgeschafft sind, gibt es keine Alternativen. Wollen wir in so einem Land leben? Wenn wir das nicht wollen, müssen wir uns dafür engagieren, dass es nicht so weit kommt!
Weiterlesen »
• Kommentar, Ukraine
Im Einsatz für Flüchtlinge aus der Ukraine von Lissy und Hermann Meyer
„Schnelle und unbürokratische Hilfe“ – das ist die regelmäßige Forderung unserer Politiker*innen bei Notlagen und Krisen. Doch unser Einsatz bei der Aufnahme einer ukrainischen Familie war extrem zeit- und kräftezehrend.
Weiterlesen »
• Kommentar
Streichung §219a
Der Bundestag hat der Streichung des Paragrafen 219a aus dem Strafgesetzbuch zugestimmt. Damit können wir diese klare grüne Forderung endlich einlösen. Das bedeutet Rechtssicherheit für Ärzt*innen, Selbstbestimmung und Informationsfreiheit für Betroffene.
Weiterlesen »