Klima braucht Mentalitätswende!

Ein Kommentar von Bernhard Schüßler, Stadtratskandidat in Unterschleißheim

Oft wird davon gesprochen dass die Klimakrise die größte aktuelle Herausforderung der Menschheit sei. Nun, das stimmt, nur scheinen wir nicht wirklich so zu handeln, wie wir es bei sonstigen Notfällen tun würden.


Seit jetzt 4 Jahren wurde das Pariser Klimaabkommen beschlossen. Demnach soll die Menschheit alle Anstrengungen darauf richten, die durchschnittliche globale Erhöhung der Temperatur bei möglichst unter 2° C zu halten. Ab 2° Erwärmung, würden nämlich unwiderkerbare Kipppunkte erreicht werden, die das Klima vollkommen unkontrollierbar machen würden. Einige dieser Kipppunkte sind das Abschmelzen des Grönland-Eisschildes und des Packeises in der Westantarktis, das tauen der Permafrostböden und das Entweichen riesiger Ansammlungen an Methan, die sich aktuell in dir Tiefsee befinden. Wohlgemerkt, etwa die Hälfte, also 1° C davon haben wir schon die Erde erwärmt.

Die Dringlichkeit ist allen bewusst, nur machen wir nichts.

Noch nie wussten wir so genau, wo die Ursachen für die Klimakrise und zugleich wo die Lösungen liegen und trotzdem verharren wir im Business as usual, in einem Status-Quo, der uns erst in diese missliche Lage gebracht hat. Diese Untätigkeit, lässt manche*n an der Handlungsfähigkeit unserer Demokratie zweifeln, was nur weitere Probleme nach sich zieht. Die Stärke der Demokratie war immer, dass sie zu besseren Entscheidungen gelingen konnte als Autokratien, denn sie ist flexibler und undogmatischer bei der Entscheidungsfindung. Es werden unterschiedliche Gesichtspunkte beleuchtet und nicht nur die, die das Regime und den Machthaber stützen. Und auch wenn es heute so wirken mag, als sei China bei den Entscheidungen schneller, ist es doch die Demokratie, die diese nachhaltiger treffen kann, denn sie wird vom Souverän legitimiert. Es wird zu sehen sein, wie China alle Klimaschutzbestimmungen lockern wird, sobald sie glaubt, in wirtschaftliche Not zu kommen.

Das Problem liegt wo anders.

Einerseits haben wir uns ein komplexes System geschaffen, in dem die Verantwortlichkeiten verschwimmen andererseits sind wir bequem und denken an unseren kurzfristigen Nutzen statt an unser aller nachhaltiges Wohlbefinden. Alle Befragungen zeigen, dass wir in Deutschland extrem umweltbewusst sind. Aus all diesen Erhebungen geht ferner hervor, dass sich jede*r selbst als umweltfreundlich handelnden Menschen wahrnimmt. Man trennt Müll, man fährt hin und wieder Radl, man kauft Fair-Trade Kaffee und unterschreibt mal eine Petition im Internet. Das scheint uns zu reichen, um unser Gewissen zu beruhigen, leider reicht es aber nicht, um das Problem der Klimakrise anzugehen.

Hier spiegelt sich wieder, was Sozialpsychologen wohl unter verzerrtem Selbstbild subsummieren würden. Und tatsächlich klafft eine riesige Lücke zwischen unserem Anspruch und unserem eigentlichen Handeln, sowohl individuell als auch als Gesellschaft. Fest steht, dass Deutschland keine Berechtigung hat, anderen Ländern Vorwürfe in Sachen Klimaschutz zu machen, dazu tun wir einfach zu wenig.

Doch wo könnte die Ursache dafür liegen, dass wir wollen aber nicht machen?

Ökonomen sprechen hierbei vom sogenannten Trittbrettfahrereffekt. Er besagt, dass man selber keinen Aufwand bzw. keine Kosten bereit ist aufzunehmen, wenn im Gegenzug alle (wohlgemerkt, auch man selber) langfristig davon profitieren. Zu helfen und dabei relativ gesehen, weniger als andere zu gewinnen, scheint gegen das Gerechtigkeitsverständnis vieler zu verstoßen. Andere hingegen würden es als Egoismus bezeichnen. Nach dieser Denke, trage ich keine Schuld für meine klimaschädlichen Handlungen, weil ich nicht der einzige bin, der diese verübt. Beispielsweise wäre ich nicht bereit, auf mein SUV zu verzichten, wenn mein Nachbar es auch nicht tut, obwohl mein Verzicht auch bereits eine positive Klimawirkung hätte. So bleiben wir in einer Starre und erwarten, dass der andere immer den ersten Schritt machen soll. Währenddessen vergeht wertvolle Zeit, denn was wir im Alltag machen, machen die Staaten und internationalen Konzerne ähnlich. Sie werfen sich gegenseitig vor, nicht genügend gegen die Klimaerwärmung zu tun, weil sie selbst entweder im globalen Wettbewerb der Unternehmen oder im Wettbewerb um Standortattraktivität der Staaten, keine Einbußen hinnehmen wollen. Deshalb ist das Klimaabkommen von Paris bis jetzt noch kein Erfolg, sondern nur ein Wunsch, denn die USA sind ausgetreten, die EU hengt hinterher und China und Indien, genau wie die Länder des Amazonas-Regenwaldes, wollen sich von den ehemaligen Kolonialmächten nichts sagen lassen.

Ist die Lösung zu resignieren?

Nein, denn dafür haben wir nicht die Zeit. Wir brauchen kleine, kontinuierliche Schritte, die von allen Seiten getragen werden, um das Misstrauen abzubauen und sichtbare Fortschritte zu erzielen, denn mit Merkels Methode der langfristigen Zielvorgaben, haben wir nichts konkretes erreicht. Wir brauchen mehr gegenseitiges Verständnis und Empathie, auch zwischen den Staaten und vielleicht eine ausgestreckte Hand der Industrieländer, um zu zeigen, dass es uns ernst ist mit der Klimagerechtigkeit und kein neokolonialistischer Trick, wie es Schurken wie Bolsonaro behaupten, um weiter munter den Amazonas anzuzünden. Es muss uns klar werden, dass es Gebiete gibt, die global gesehen wichtig sind, die Ozeane, Feuchtgebiete, der Permafrost und v.a. der tropische Regenwald. Diesen Ländern muss in einer Klimaallianz von den Industriestaaten ein Angebot gemacht werden, um die Klimaverantwortung mit sozialer und ökonomischer Sicherheit wahrnehmen zu können.

Möglich ist es; der Countdown läuft.

 

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